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[MM] Das Zustimmungsprinzip «Ja-ist-Ja»

1. Juni 2022 – Die Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht (Geschäft des Bundesrates 18.043)

Bern, 30. Mai 2022

 

Das Bundesgesetz über die Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht wird am Dienstag, den 7. Juni im Ständerat diskutiert. Es handelt sich dabei um die Revision des Sexualstrafrechts. Die Mitte Frauen Schweiz würdigt die geleistete Arbeit und die Tatsache, dass beispielsweise der Straftatbestand des sexuellen Übergriffs auf männliche Opfer und sogar auf jede Person unabhängig von Geschlecht oder Körper ausgeweitet wird. Trotzdem lehnt die Mitte Frauen Schweiz die von der Rechtskommission vorgeschlagene Gesetzesvorlage klar ab.

 

Die Mitte Frauen fordert eine klare Formulierung, dass die Zustimmung des Gegenübers für eine sexuelle Handlung nach dem Prinzip «Ja heisst ja» eingeholt werden muss. Die Beweislast würde dabei nicht umgekehrt. Es gilt in jedem Fall die Unschuldsvermutung für den Täter gemäss unserem Rechtssystem.

a) Eine Zustimmung ist verständlich und stellt ein Prinzip der Selbstbestimmung dar. Sexuelle Handlungen ohne Einwilligung der betroffenen Person sollen strafrechtlich geahndet. Nicht Zwang, sondern fehlende Einwilligung ist das entscheidende Kriterium für Vergewaltigung. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung muss gestärkt und die Verantwortungsrolle des Opfers bei sexuellen Übergriffen abgeschafft werden: Mit der Formel „Nein heißt Nein“ müssten die Opfer weiterhin erklären, warum und wie sie eine sexuelle Handlung abgelehnt haben.

b) Die Vorlage verkennt die wissenschaftliche Tatsache des «Freezing». Die Schockstarre bzw Betäubung, im Englischen «Freezing» genannt, ist eine physiologische Reaktion auf eine akute Bedrohung. Sie stellt eine unbewegliche Haltung der Person dar, die z. B. durch sexuelle Übergriffe ausgelöst wird. Sie kann weder Nein noch Ja sagen, sondern verharrt in einer starren Position. Dieser Zustand wurde gründlich erforscht und ist nachgewiesen. Er sollte daher berücksichtigt werden im Gesetz, was bis jetzt nicht der Fall ist.

 

Laut der Die Mitte Frauen Schweiz hat sich die Kommission stark auf die juristische Beweislage konzentriert und die gesellschaftspolitischen Auswirkungen, wie zum Beispiel das Recht auf Selbstbestimmung, nicht ausreichend berücksichtigt. Sowohl das Nein als auch das Ja sind in einem Rechtsfall schwer zu beweisen, da meist nur zwei Personen beteiligt sind. Die Zustimmung entspricht jedoch der gelebten Realität. Eine Frau sollte nicht gezwungen sein, sich zu verteidigen, sondern muss ihre Zustimmung geben können, wenn es um sexuelle Handlungen geht. Das ist die richtige Botschaft.

 

Darüber hinaus soll „Grooming“ als neuer Straftatbestand „Anbahnung sexueller Kontakte mit Kindern“ (Art. 197a [neu]) eingeführt werden. Auch wenn die entsprechenden Handlungen bereits heute strafbar sind, würde die explizite Strafbarkeit des Groomings die Wirkung verstärken.

 

 

 

Kontakt
Präsidentin Die Mitte Frauen Schweiz
Christina Bachmann-Roth
079 686 47 95
[email protected]

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